Hallo zusammen,
bestimmt habt ihr das schon mitbekommen, die Lampropeltis getula ist nun auf der Unionsliste der invasiven gebietsfremden Arten der EU gelandet und unterliegt ab dem 2.8.2022 weitgehenden Handels-, Zucht- und Importverboten. Da das in den sozialen Medien ziemlich kocht, habe ich mir mal die Mühe gemacht, relevante Teile zusammenzutragen. Und kleiner Spoiler vorneweg: Ja, auch Lampropeltis californiae ist davon betroffen und bei korrekter Auslegung auch alle Jungle Corns (Hybriden aus P. guttatus und L. californiae) und Co.
Privatbestände stehen bis zum Tod des Tieres unter Bestandsschutz, gewerbliche Bestände müssen abgeschafft werden - schlimmstenfalls durch Tötung. (Mangels Nachweispflicht über die Art mag das mit der Beweisführung zwar etwas schwer werden, aber Bestandsschutz genießen natürlich nur jene Tiere, die vor Inkrafttreten im privaten Heimtierbestand vorhanden waren.)
Was steht also wo genau:
Was fällt unter den Begriff der invasiven gebietsfremden Art?
Artikel 3
[...]
Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
1.
„gebietsfremde Art“ lebende Exemplare von Arten, Unterarten oder niedrigeren Taxa von Tieren, Pflanzen, Pilzen oder Mikroorganismen, die aus ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet heraus eingebracht wurden, einschließlich Teilen, Gameten, Samen, Eiern oder Propagationsformen dieser Arten sowie Hybriden, Sorten oder Rassen, die überleben und sich anschließend fortpflanzen könnten;
Selbsterklärend, siehe oben.
Welche Regeln gelten für diese Arten?
Alles anzeigenArtikel 7
Beschränkungen
(1) Invasive gebietsfremde Arten von unionsweiter Bedeutung dürfen nicht vorsätzlich
a) in das Gebiet der Union verbracht werden, auch nicht zur Durchfuhr unter zollamtlicher Überwachung;
b) gehalten werden, auch nicht in Haltung unter Verschluss;
c) gezüchtet werden, auch nicht in Haltung unter Verschluss;
d) in die, aus der und innerhalb der Union befördert werden, es sei denn, sie werden im Zusammenhang mit der Beseitigung zu entsprechenden Einrichtungen befördert;
e) in Verkehr gebracht werden;
f) verwendet oder getauscht werden;
g) zur Fortpflanzung, Aufzucht oder Veredelung gebracht werden, auch nicht in Haltung unter Verschluss, oder
h) in die Umwelt freigesetzt werden.
(2) Die Mitgliedstaaten unternehmen alle notwendigen Schritte, um die nicht vorsätzliche oder grob fahrlässige Einbringung oder Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung zu verhindern.
Also keine Haltung, keine Zucht, kein Kauf, kein Verkauf, kein Tausch, nix, nada, niente. Finger weg, aus die Maus, nichts zu machen, etc.
Was bedeutet das für private Halter*innen dieser Tiere?
Alles anzeigenArtikel 31
Übergangsbestimmungen für nichtgewerbliche Besitzer
(1) Abweichend von Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b und d dürfen Besitzer von zu nichtgewerblichen Zwecken gehaltenen Heimtieren, die zu den in der Unionsliste aufgeführten invasiven gebietsfremden Arten gehören, diese Tiere bis zum Ende ihrer natürlichen Lebensdauer behalten, sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
a) die Tiere wurden bereits vor ihrer Aufnahme in die Unionsliste gehalten;
b) die Tiere werden unter Verschluss gehalten, und es werden alle geeigneten Maßnahmen getroffen, um eine Fortpflanzung oder ein Entkommen auszuschließen.
= Bestandsschutz für bereits vorhandene Tiere, aber Zuchtverbot. Auch keine paarweise Haltung mehr, Geschlechtertrennung ist Pflicht (oder Kastration oder ständiges Eier-Wegschmeißen).
Und gewerblich?
Artikel 32
Übergangsbestimmungen für kommerzielle Bestände
(1) Die Halter eines kommerziellen Bestands von Exemplaren invasiver gebietsfremder Arten, die vor deren Aufnahme in die Unionsliste erworben wurden, dürfen bis zu zwei Jahre nach der Aufnahme der Arten in die Liste lebende Exemplare dieser Arten oder reproduktionsfähige Teile davon zwecks Verkauf oder Übergabe an Forschungs- oder Ex-situ-Erhaltungseinrichtungen und für Zwecke medizinischer Tätigkeiten gemäß Artikel 8 halten und befördern, sofern die Exemplare unter Verschluss gehalten und befördert werden und alle geeigneten Maßnahmen getroffen werden, um eine Fortpflanzung oder ein Entkommen auszuschließen, oder um diese Exemplare zu töten oder human zu keulen, um ihren Bestand zu erschöpfen.
Unschön.
Welche Art ist denn nun betroffen?
ANHANG
Der Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1141 wird wie folgt geändert:
1.
In der Tabelle werden in alphabetischer Reihenfolge folgende Arten eingefügt:
[...]
„Lampropeltis getula (Linnaeus, 1766)
Ah, alles klar. Nur die L. getula, dann kann ich meine L. californiae ja weiter züchten.
Sicher?
Dafür muss man in den Tiefen der öffentlich zugänglichen Bibliothek der EU etwas genauer suchen - und zwar in die Artensteckbriefe, die als Basis für die Einordnung dienen und da steht:
SECTION A – Organism Information and Screening
[...]
At least seventeen different subspecies of Lampropeltis getula have been described over the last 75 years (Pyron & Burbrink, 2009). More recently, based on mitochondrial DNA-evidence, ecological niche modeling, morphology, and historical precedence, Pyron & Burbrink (2009) promoted five subspecies to species level. This division is however debated (B. Hubbs pers. comm. 2017). In the light of the unclear and unstable taxonomy (hence the risk of uncertain attribution of the subspecies of the reported records of L. getula found in the wild and in trade), this risk assessment refers to the originally described L. getula Linnaeus 1766 sensu lato, with a native range covering all of the United States and northwestern Mexico, thus including the subspecies L. getula californiae which is considered a valid species by Pyron & Burbrink (2009) and is reported to have a different ecology than L. getula getula which is more bound to water (R. Fisher pers. comm. 2017). This is consistent with the approach followed also in the risk evaluation by Fonseca et al. (2017).
On Gran Canaria, where the subspecies L. getula californiae was introduced, different colour varieties were reported: a typical striped form, and striped or banded albino morph types. The individuals used for albino breeding originate from southern California (R. Fisher pers. comm. 2017).[...]
Sehr langer Text, ich habe das Wichtigste mal hervorgehoben. Sie berufen sich aufgrund kontrovers diskutierter Taxonomie auf die alte Weise und betrachten den gesamten Komplex als Unterarten. Somit sind ALLE Arten des getula-Komplex betroffen! Leider.
Ab wann gilt das Ganze?
Alles anzeigenDiese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Nummer 2 des Anhangs gilt ab dem 2. August 2024.
Nummer 3 des Anhangs gilt ab dem 2. August 2027.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Brüssel, den 12. Juli 2022
= 12.07.2022 + 20 Tage = 02.08.2022
Tja, die Tiere standen schon sehr früh auf der Vorwarnliste - finde leider die alten Daten dazu nicht mehr, nur noch einen Post aus 2018. Damals wurde auf jeden Fall noch gelacht und gemeint, dass das alles nicht so heiß gegessen würde wie gekocht. Nun haben wir den Salat und müssen damit leben.
Schade drum, ich mag meine Dame echt gern.
Nun bleibt sie halt ewig Single.
LG
Seriva