Diffuses Krankheitsgeschehen einer stark untergewichtigen Kornnatter

  • Hallo liebe Mitglieder,

    im Januar habe ich eine sehr untergewichtige Kornnatter bei mir aufgenommen. Das Tier wurde über eine unbestimmte Zeit nicht gefüttert, infolge wurde es mehr oder weniger in letzter Sekunde dem Vorbesitzer abgenommen. Drei Monate verbrachte die Schlange dann in Isolation bei Bekannten, welche langjährige Erfahrung mit Schlagen haben. Im Januar ist sie schließlich von mir aufgenommen worden. Seitdem geht es immer wieder auf und ab. Anfangs wurde das Tier, welches bei einer Körperlänge von einem guten Meter mit ca. 108g (!) ankam, mit Babymäusen gefüttert, um die Schlange langsam wieder aufzubauen. In einem wöchentlichen Rhythmus wurde das Tier mit bis zu drei Babymäusen gefüttert. Nach ca. einem Monat wurde auf Speck-Babymäuse umgestiegen. Mitte Februar wurde es schließlich mit einem Springer ausprobiert, welcher nach fünf Tagen ausgewürgt wurde. In der Annahme, die Futtermaus sei zu groß gewesen, wurde wieder auf Speck-Babymäuse umgestiegen und schließlich eine Baby-Ratte verfüttert. Diese ist ihr gut bekommen, sodass sich die Kornnatter vor ca. zwei Wochen gehäutet hat. Mit etwas Unterstützung verlief dies zu meiner Überraschung super. Die Haut wurde nicht in einem ganzen Stück abgeworfen, dennoch ebenfalls nicht in allzu kleinen Teilen. Abgekommen ist jedenfalls alles. Danach wurden zwei Baby-Speckmäuse verfüttert und schlussendlich vergangenen Dienstag nochmals eine Babyratte. Diese war relativ groß, dennoch ihrem doppelten Kopfumfang angemessen. Diese wurde jedoch heute ebenfalls wieder ausgewürgt, kaum verdaut und voller Schleim. Das passt für mich nicht zusammen, so langsam bin ich ratlos.

    Die Kornnatter ist männlich und laut Angaben des Vorbesitzers acht Jahre alt. Laut dem Angaben wurde sie mit drei anderen Kornnattern gehalten, welche jedoch nacheinander gestorben sind. Die Körperlänge beträgt einem guten Meter, sie kommt mittlerweile leider nur auf ein Gewicht von 112g. Gehäutet hat sie sich seit Monaten vor zwei Wochen wieder. Sie wird alleine in einem 80*80*120 Holzterrarium gehalten, in welchem die Temperatur bei 27 Grad liegt, am Wärmespot bei 30 Grad. Das Terrarium ist aufgeteilt in drei Ebenen, dem Boden (ausgestattet mit vielen Pflanzen, Holz, einer Moosecke und einer großen Wasserschale, der Bodenbelag ist Pinienrinde), einer mittleren Ebene, auf welcher die Temperatur gemessen wird und einer oberen Ebene, welche als Wärmespot fungiert. Alle Gegenstände im Terrarium wurden aus Fachhandlungen neu gekauft. Die Luftfeuchte liegt konstant zwischen 50 und 70%. Beleuchtung hat sie am Tag über 10 Stunden, nachts sinkt die Temperatur auf ca. 23 Grad. Es werden Frostmäuse verfüttert und die Schlange nimmt diese ohne Probleme an. Sie ist ansonsten eine sehr aktive Schlange, welche viel klettert, buddelt und das Terrarium erkundet. Sie versteckt sich wenig und scheut nicht vor Menschenkontakt. Gefüttert wird sie außerhalb das Terrariums. Nach dem Füttern liegt sie ausschließlich unter der Wärmequelle.


    Mir ist das Wohl des Tieres ein unglaublich großes Anliegen und ich gebe mein bestes, sie wieder auf Vordermann zu bringen. Sie musste schließlich genug mitmachen in der vergangenen Zeit. Mich macht ihr Schicksal unfassbar wütend und zu sehen, wie sie Futtermäuse erbricht, tut unfassbar weh. Ich führe genau Buch über Fütterung und besonderen Ereignissen. Bevor ich zu einem fachkundlichen Arzt fahre (wäre mindestens eine Stunde Autofahrt), möchte ich einfach nur fragen, ob es irgendwelche Tipps bekomme oder jemand bereits ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Der Arztbesuch bedeutet viel Stress für die Schlange, bin mir unsicher, ob sie das schafft. Am Rande erwähnt wirkt es auf mich nicht so, als würde sie sich in irgendeiner Form quälen. Sie liegt viel, wenn sie gefressenen hat, wirkt aber ansonsten sehr munter. Auch an Farbe hat sie wieder viel gewonnen. Sie glänzt und strahlt seit der Häutung wieder richtig.


    Was mache ich nur mit dem Kleinen?


    Liebe Grüße!

  • Hallo


    Schlimme Geschichte. Bei deiner ausführlichen Schilderung fehlt mir nur die Angabe, ob seit der Übernahme eine Kotprobe auf Parasiten untersucht wurde. Wenn nein, wäre das das Erste, was ich machen würde. Nach dem Resultat richtet sich dann das weitere Vorgehen.


    Gruss

    cham-sitter

    „Ich weiss, dass ich nichts weiss“. Sokrates

  • Ein reptilienkundiger Tierarzt hätte direkt zu Beginn aufgesucht werden müssen, nachdem das Tier vom ursprünglichen Halter abgeholt wurde. Oder was genau ist mit Isolation gemeint?


    Erstmal würde ich nun in lockeren Abständen Kotproben in ein Labor schicken und dort untersuchen lassen... sollte es Handlungsbedarf geben, kann man immer noch einen TA aufsuchen. Bei den Laboruntersuchungen würde ich unbedingt auch auf Cryptosporidien testen lassen, bietet sich an, sollte das Tier nochmal das Futter erbrechen.


    btw: nach dem erbrechen würde ich eine Weile bis zum nächsten Fütterungsversuch abwarten. Wenn ein mal pro Woche der bei Dir gängige Fütterungsintervall ist, auf jeden Fall ein mal aussetzen.


    Eine Schlange in Einzelhaltung würde ich nicht zum füttern aus dem Terrarium nehmen. Wählt man geeigneteren Bodengrund als (oft scharfkantige) Pinienrinde, braucht man sich z.B. keine Gedanken über versehentlich beim fressen aufgenommenen Bodengrund machen. Kann man generell umgehen, indem man das Frostfutter weiter oben und von Pinzette anbietet... in einem Hochterrarium gibt es ja i.d.R. genug Möglichkeiten dafür.


    Füttert man eine Kornnatter von 100cm Länge ein mal wöchentlich mit Babymäusen oder Babyratten, dient das bestenfalls zum Lebenserhalt, Gewicht kann so verständlicherweise kaum aufgebaut werden. Über Futter in geeigneter Größe würde ich allerdings erst wieder nachdenken, sollten alle Untersuchungsergebnisse o.B. sein... womit ich ehrlich gesagt, sofern per Ferndiagnose realistisch, kaum rechne.


    Gemessen an der Jahreszeit ist eine Nachttemperatur von 23°C zu hoch. Eine einzelne Temperaturmessung mittig ist nicht zielführend, man sollte schon das gesamte Temperaturgefälle kennen. Zu hohe, ebenso zu geringe Temperaturen, sind z.B. eine naheliegende Erklärung, warum "größeres" Futter nach einigen Tagen wieder erbrochen wird. Der Sonnenplatz könnte durchaus etwas wärmer sein als 30°C.

  • Danke Euch für die Schnellen Rückmeldungen!

    Ich habe mir direkt Sets für die Kotprobe bestellt. Dann werde ich das Thema direkt angehen. Bisher lief das nämlich noch nicht.


    Ich habe in dem ein oder anderen Feed gelesen, dass sich ein zu warmer Sonnenplatz nachteilig auf die Verdauung auswirken kann, da dann die Futtertiere in der Schlange schlecht werden können. Also sind die 30 Grad unbedenklich und nicht zu warm? Hatte dies nämlich schon im Kopf.


    Dann werde ich so zukünftig im Terrarium füttern ;)

  • Terrarientemperaturen sind ein Problem im Hobby, auch bzw. gerade bei Reptilien, die Winterruhe halten. Die führen manche Halter zwar durch, aber den Rest des Jahres ist für die Tiere quasi konstant Hochsommer. Ich meine, man sollte sich am Klima des Verbreitungsgebietes seiner Pfleglinge orientieren. Jetzt sind 30°C am Sonnenplatz sicherlich ok, die Nachttemperatur hingegen ist (deutlich) zu hoch. Jetzt würde ich den Sonnenplatz aber auch nicht die gesamten 10 Beleuchtungsstunden (um mal bei Deinen Angaben zu bleiben) auf diesen Wert aufheizen, sondern nur für einen Teil davon. Wenn es tatsächlich Sommer wird, kann man die Temperatur am Sonnenplatz auch länger aufrechterhalten, und bis auf 35°C steigern. Bei Hochterrarien ist das dann mit dem Temperaturgefälle manchmal problematisch, aber anders betrachtet... die Temperatur am Terrarienstandort steigt ja im Sommer auch, und wenn wir mal wieder einen Rekordsommer haben sollten, verzichtet man eben auf Sonnenplatz und weitestgehend auch auf Temperaturgefälle... sollte sich aber schon jetzt Gedanken um evtl. nötige Kühlung machen.

    dass sich ein zu warmer Sonnenplatz nachteilig auf die Verdauung auswirken kann,

    Ich zitiere einfach mal mich selbst, siehe Beitrag 3:

    Zu hohe, ebenso zu geringe Temperaturen, sind z.B. eine naheliegende Erklärung, warum "größeres" Futter nach einigen Tagen wieder erbrochen wird.

    Warum "größeres" in ""? Auch dazu habe ich schon etwas geschrieben.

  • Auf jeden Fall auch auf Viren testen lassen.

    Laboklin bietet einen "Quarantäne Natter" Test an, der die häufigen Viren abdeckt. Unter anderem Adeno, denn der kann so ein Krankheitsbild auch verursachen und ist unter Kornnattern leider oft unentdeckt unterwegs. Hat schon größere Bestände zerlegt, tückisches Zeug.


    Viel Erfolg!


    LG

    Seriva

  • https://laboklin.de/de/leistun…antaene-natter-viper-pcr/


    Laien sollten die Probenentnahme (und wenn man eh schon dort ist, auch direkt alles weitere) besser einem (reptilienkundigen) Tierarzt überlassen...


    Kornnatterhaltung ist bei mir schon eine recht lange Zeit her, die beiden noch verbliebenen Hybriden aus guttatus x emoryi blende ich mal elegant aus, entsprechend hat sich offenbar auch im Bereich "Seuchen" einiges verändert. Der Hinweis auf Adeno macht daher allemal Sinn... und sei es nur um Sicherheit zu haben, daß das eigene Tier den Schei++ eben nicht hat.

  • Viren haben mittlerweile Cryptosporidien als "schlimmsten Feind" in der Kornnatterszene abgelöst.


    Während letztere durch konsequente Testungen der eigenen Tiere und Neuzugänge und lange Quarantänezeiten zum Glück deutlich seltener auftreten als noch vor zehn Jahren, haben sich nun vor allem Adenoviren ausgebreitet. Da hat halt anfangs niemand drauf getestet und da sich als Sekundärbefall auch oft Flagellaten eingefunden haben, wurde die Virenerkrankung oft gar nicht entdeckt und für den Zustand (und meist folgenden Tod) des Tieres die Einzeller verantwortlich gemacht. Wirklich Aufmerksamkeit bekamen die Virentests erst seit ein paar Jahren, als zwei größere Bestände hart dezimiert wurden und die Züchter*innen ihre Geschichte öffentlich erzählt haben um andere zu warnen.


    Ich drücke dem Tier die Daumen!


    LG

    Seriva

  • Hallo liebe Community,

    vielen Dank für Eure Hilfe! Leider hat der Kleine seinen Kampf heute morgen aufgegeben. Die letzten Tage ging es massiv bergab, schlussendlich wog er nur noch 108g. Die Kotuntersuchungen waren allesamt ohne Befund. Die Monate ohne Futter ließen sich auch durch sorgfältige Pflege nicht wieder ausgleichen.


    Ich hoffe, ich konnte ihm die letzte Zeit so angenehm wie möglich gestalten. Macht mich sehr traurig, so ein Schicksal hat keine Schlange verdient. In diesem Fall muss man den Tod wohl als Erlösung betrachten.


    Ich wünsche euch und euren Tieren alles alles Gute und nochmals vielen Dank!


    Liebe Grüße

  • Das ist bedauerlich. Tut mir leid zu lesen.


    Wenn du noch andere Schlangen im Haus hast oder beabsichtigst in dem Terrarium bald wieder ein Tier zu halten, kann ich nur dringend anraten das Tier zur Sektion einzuschicken - inklusive Virenprofil.


    LG

    Seriva