Dendrobaten Schauterrarium. Ich brauche etwas Hilfe

  • Hallo ihr Lieben!


    Ich möchte mich kurz vorstellen: ich bin Tierärztin, 33 Jahre alt und ich möchte mir mein erstes Terrarium mit Dendrobaten in meine Praxis stellen. Es soll im Wartezimmer stehen und mehrere Zwecke erfüllen:

    - es soll publikumswirksam sein.... Also möglichst naturnah das entsprechende Habitat darstellen und Tiere beinhalten, die man ab und zu auch sieht

    - es soll ein Hochterrarium mit Wasserfall und kleinem, flachen Wasserteil sein

    - es soll aufklären... Darüber, was es heißt sich ein Tier anzuschaffen (das mache ich mit Aushängen, einem fortlaufende Blogbeitrag und social Media Auftritten)


    Meine Frage(n) lautet hier nun.... Welche Art eignet sich da am besten? Also.... Nicht zu scheu, schön bunt, am liebsten in einer 4er Gruppe zu halten und etwas kletternd....

    Größe ist noch offen aber 50x70/80x90 (TxBxH) ist drin.

    Gern mit aufwendigem Brutpflege- und Balzverhalten...


    Ich dachte ursprünglich an D. Tinctorius aber ich habe Angst, dass es zu viele Tiere werden? Welche Farbmorphe kann man vergesellschaften?


    Oder ranitomeya amazonica oder Oophaga spec. Escudo gefallen mir auch...


    Und zur praktischen Umsetzung... Wie verkleidet ihr die Rückwand und Seitenwände? PU Schaum soll man ja nicht nehmen wegen der Ausschwemmung der Schadstoffe... Welche Beleuchtung, Wärmequelle und UV Quelle auf diese Größe? Ich bin etwas überfordert mit der Flut an Angeboten :/


    Liebe Grüße und vielen Dank!! :love::*

  • Das klingt sehr löblich und ich finde es auch gut den Patienten artgerechte Haltung näher zu bringen. Aber anhand deiner Fragen schließe ich, dass du noch ganz am Anfang stehst. Artgerechte Haltung ist für mich das oberste Ziel, wenn man sich ein Tier anschafft. Hier bist du noch nicht soweit und musst dich noch sehr viel informieren. Sich ein Tier anzuschaffen heißt auch sich ausgiebig zu informieren. Ich würde die Fachbücher über Pfeilgiftfrösche ebenfalls ausstellen. Wasserfälle sind öfter ein Problem, als ein schönes Feature. Hier solltest du dich auch noch einmal informieren.

    Meine Frage(n) lautet hier nun.... Welche Art eignet sich da am besten? Also.... Nicht zu scheu, schön bunt, am liebsten in einer 4er Gruppe zu halten und etwas kletternd....

    Größe ist noch offen aber 50x70/80x90 (TxBxH) ist drin.

    Gern mit aufwendigem Brutpflege- und Balzverhalten...

    Wenn dich die Lautstärke der Frösche nicht stört, bieten sich Epipedobates anthonyi oder Arten aus der Gattung Phyllobates an. Des Weiteren wären auch Dendrobates Leucomelas eine gute Wahl. Alle diese Arten wären in Gruppenhaltung möglich. Bei der Größe des Terrariums würde ich für E. Anthonyi und kleine Phyllobates bis zu fünf Tiere, für große Phyllobates und D. Leucomelas drei Tiere empfehlen. Aber bitte alle Arten einzeln und nicht zusammen. Aus deinem Post kann ich leider nicht herauslesen, dass du dich mit den Tieren auskennst. Deswegen würde ich von Vergesellschaftung erstmal abraten. Die von dir genannten D. tinctorius sind ebenfalls möglich, die aber nur 1.1, da untereinander aggressiv.

    Ich dachte ursprünglich an D. Tinctorius aber ich habe Angst, dass es zu viele Tiere werden? Welche Farbmorphe kann man vergesellschaften?

    So eine Frage macht mir echt ein wenig Sorge. Man sollte keine Farbmorphe mischen, da es bei tinctorius (und Dendrobaten allgemein) überhaupt keine gezüchteten Farbmorphe gibt. Die unterschiedlich gefärbten Tiere sind verschiedene Lokalvarianten, die der Natur entnommen wurden und nicht durch Zucht verändert wurden. Zur verantwortlichen Haltung von Pfeilgiftfröschen gehört die Erhaltung der natürlichen Farbformen. Es wäre wirklich schade, wenn durch solche Experimente der natürliche Polymorphismus verloren geht.

    Oder amazonica oder Oophaga spec. Escudo gefallen mir auch...

    Beide eher scheu. Oophaga escudo aufgrund der Aggressivität wieder nur 1.1, R. amazonica gerne auch in Gruppen. Aber ich denke aufgrund der Scheue nicht das richtige für eine Praxis.

    Und zur praktischen Umsetzung... Wie verkleidet ihr die Rückwand und Seitenwände? PU Schaum soll man ja nicht nehmen wegen der Ausschwemmung der Schadstoffe.

    Woher hast du diese Info? PU-Schaum ist sehr wohl geeignet. Es gibt aber massig Alternativen: Xaxim, Hygrolon, PU-Schaum oder Styropor mit 2K-PU/Silikon/Epoxidharz/Fliesenkleber und Torf/Xaxim/Pinienrinde beflockt. Da gibt es im Internet hunderte von Anleitungen.

    Welche Beleuchtung, Wärmequelle und UV Quelle auf diese Größe? Ich bin etwas überfordert mit der Flut an Angeboten :/

    Du schaust an den falschen Stellen. Lass erstmal den Einzelhandel und Tierbedarf außen vor und informiere dich in guten Büchern:

    Lötters, Jungfer, Henkel, Schmidt ist das Standardwerk, wenn auch etwas veraltet. Es gibt dutzende gute Bücher über Pfeilgiftfrösche.

    Einige Webseiten von engagierten Hobbyisten sind auch sehr zu empfehlen, z. B. die Seite vom Froschmichl. Du wirst feststellen, dass sehr viele Produkte aus dem Einzelhandel nicht zu gebrauchen sind oder im Baumarkt deutlich günstiger zu bekommen sind.

  • vielen Dank für die ausführliche Antwort!


    Ja, ich stehe noch am Anfang. Mache gerade die Sachkundeprüfung bei der DGHT von dort auch die Info mit dem PU Schaum (wobei die Einschränkung Beschichtung mit Epoxidharz und auslüften vor der Betorfung.)


    Bücher sind bestellt oder werden bereits durchforstet.


    Das mit den Farbmorphen kam tatsächlich aus einer Studie von 2006, die ich zu der Zeit gelesen hab, allerdings ließ diese die Verbreitung außer Acht. Das ist mir bereits klar geworden, danke trotzdessen nochmal für den Hinweis.


    Ich glaub ich bin im allgemeinen nur unsicher, etwas falsch zu machen und lasse mich deshalb von der Fülle an Produkten verwirren.


    hast du noch ein paar Buchempfehlungen für D. Tinctorius?

    Die Lautgebung stört mich selbst nicht, aber wahrscheinlich die Katzen im Wartezimmer. (Diese sind weit genug weg, als das sie die Frösche nicht stören können, im sogenannten Katzenregal)



    Vielen Vielen Dank noch einmal:*

  • Mit viel Recherche lässt sich das ganze nachher gut umsetzen. Dendrobaten sind bei weitem nicht die schwierigsten Pfleglinge.


    Mein Tipp ist aber: keep it simple. Du brauchst nicht unbedingt einen Wasserfall mit Bachlauf oder eine Nebelmaschine. Alles fancy gadgets, die machen es aber dann doch eher komplizierter und werfen Probleme auf.


    Außerdem muss man sich direkt von Anfang an von dem Gedanken verabschieden, dass es wie ein dicht bevölkertes Gesellschaftsaquarium wird. In der Regel landen am Ende zwei Frösche im Becken, vor allem bei Dendrobates und Oophaga. Sei es, weil du direkt diese Anzahl einsetzt oder weil die Bewohner für die Reduktion sorgen. Es gibt trotzdem genug zu sehen und wird nicht langweilig.


    Denk auch daran, dass du die Futtertierzuchten früh genug startest und für eine ordentliche Aufwertung der Futtertiere sorgst.


    Ein Thema, das übrigens sehr wichtig ist, aber leider in vielen Büchern aufgrund des Alters der Bücher nicht besprochen wird, ist übrigens Beleuchtung mit UV-Leuchtmitteln. Meiner Erfahrung nach sehr wichtig, auch schon für Kaulquappen. Die Tiere zeigen einen gesünderen Körperbau und ein viel aufgeweckteres Verhalten. Aber ich denke das muss ich dir als Tierärztin nicht sagen (Stichwort: rachitische Veränderungen). Ich verwende in Terrarien bis 60 cm Höhe Arcadia Leuchtstoffröhren mit 6% UVB-Anteil. Bei höheren Terrarien greife ich auf die Solar Raptor HCI zurück.


    Es gibt wirklich massig Literatur zu Dendrobaten:

    - Diverse Artikel in Fachzeitschriften wie Reptilia, Terraria und Elaphe

    - Die Journalreihe von Harald Divossen "Faszination Pfeilgiftfrösche" ist sehr zu empfehlen, da hier ausgiebig die natürlichen Habitate der Tiere dargestellt werden und in jedem Journal ein Reisebericht gedruckt wird. Ich stimme allerdings überhaupt nicht mit den von Harald Divossen gewählten Terrariengrößen überein. Meiner Meinung nach sind diese in einigen Fällen viel zu klein.

    - Das Buch Färberfrösche gibt einen schönen Überblick über die Art D. tinctorius

    - Sehr zu empfehlen und wahrscheinlich auch beruflich interessant für dich: Erkrankungen der Amphibien von Frank Mutschmann

    - Ich besitze es noch nicht, aber relativ neu: Faszinierende Pfeilgiftfrösche

    - Das bereits oben erwähnte: Lötters, Jungfer, Henkel, Schmidt

    - Außerdem gibt es tonnenweise wissenschaftliche Fachartikel

    - auch interessant sind die Haltungsrichtlinien der DGHT Arbeitsgruppe Anuren. Ich halte die Empfehlungen der Arbeitsgruppe für absolut richtig


    So das war jetzt wieder jede Menge. Aber mit den Empfehlungen schaffst du dir eine sehr gute Basis.

  • Dankeschön für die umfangreichen Tipps und Tricks

    Ich werde D. Tinctorius 1,1 besetzen, das entspricht am ehesten dem, was die Fläche hergibt und dem natürlichen Verhalten am nächsten kommt.


    Liebe Grüße

  • Dankeschön für die umfangreichen Tipps und Tricks

    Ich werde D. Tinctorius 1,1 besetzen, das entspricht am ehesten dem, was die Fläche hergibt und dem natürlichen Verhalten am nächsten kommt.


    Liebe Grüße

    Gute Entscheidung.