Walzenspinne - Solifugae

  • Hallo miteinander!


    Vor einem halben Jahr eine Walzenspinne gesehen - Mund für Minuten nicht zubekommen - Kauf beschlossen! :D
    Dann: Recherche vor Kauf - "alle sterben nach 3 Monaten im Terrarium, sie sind unhaltbar" - Kauf abgeblasen! ;(
    Dann: Recherche fortgesetzt - neuere Erkenntnisse gelesen - Kauf beschlossen! :D
    Morgen: Recherche wird trotzdem erstmal weitergeführt - Kauf immer noch vertagt. ::|:


    Da das ein eher neues Thema in der Terraristik ist, und viele Tiere aufgrund der bisherigen Unwissenheit ins Gras gebissen haben (wie seinerzeit Vogelspinnen usw), UND Solifugae in diesem meinem Lieblingsforum noch nicht wirklich besprochen wurden, möchte ich hier zunächst zwei Links anbringen:
    a) Ein Super-Thread, da gehen einem die Augen auf: http://www.arachnoboards.com/ab/showthread.php?t=59006 ... sieben Seiten "AHA"-Effekt!
    B) DAS Buch zur Walzenspinne! Kostet aber über 200 Euronen, schluck, aber man kann auf Google Books ein laaangens Exzerpt lesen (kostenlos): http://books.google.com/books?id=cUnt7bAEcMAC&printsec=frontcover&dq=fred+punzo&hl=de#v=onepage&q=&f=true


    Und jetzt muß ich mich kurz darüber auslassen, wie ungut es ist, daß die Terraristik oft nicht mit der Ökologie Hand in Hand arbeitet, denn viele Haltungsfehler wären vermeidbar gewesen - immerhin gibts das Buch seit über zehn Jahren! Wem das Folgende zu kurz gehalten oder schlicht unklar ist, der möge bitte erst die Links studieren - dieser Thread ist eigentlich nur als zusammenfassender Hinweis gedacht. Aber natürlich plaudere ich gerne darüber und würde mich über Antworten und Ansichten sehr freuen. (Quelle für nachstehende Thematik: obige Links, eigenes Fachwissen.)


    Fehler 1: "Das Tier frißt hemmungslos, also wird es auch hemmungslos gefüttert."
    8| Welches Spinnentier bekommt täglich drei Heimchen!? Was noch ärgerlicher ist: im Unterschied zu vielen anderen Tieren haben Tiere aus kargen Gegenden bekanntermaßen oft keine "Freßbremse", sie futtern also, was gerade daher kommt. Logo, in der Natur müssen sie ja damit rechnen, daß sie im nächsten Monat nix finden ... viele Solifugen wurden also zu Tode gefüttert!
    Fehler 2: "Das Tier ist irre schnell, also braucht es auch viel Auslauf!"
    Als ob es ein Gepard wäre! Nein: es ist ein Invertebrat, mit ganz anderen Ansprüchen als ein Säuger (sollte eigentlich auch logisch sein!). Der Typ, der den oben verlinkten Thread initiiert hat, schreibt von
    einem Kumpel in Thailand, der hält die Solifugen in Gefäßen, die kaum
    größer sind als die Tiere selbst! Grausam? Angeblich leben diese Tiere
    bereits die dritte Saison, statt im geräumigen Terrarium bereits im
    dritten Monat zu krepieren ... Sie sind schnell, wenn sie müssen, aber nicht, weil sie wollen oder weils gut für sie wäre. Da kommt noch dazu, daß sie keine Fächerlungen haben, sondern nur Tracheen (und das bei dieser Körpergröße!), somit die Sauerstoffaufnahme stark limitiert ist. In Kürze: Die Solifugen in großen Terrarien haben sich totgelaufen!
    Fehler 3: "Das Tier buddelt sich ein und rührt sich nicht mehr. Aha ist ja nur einjährig, ist also tot."
    Nö! Sie hibernieren (Winterruhe)! Wie viele Solifugen sind wohl auf den Kompost gewandert, weil der Halter nicht wußte, daß auch Wüsten meistens Jahreszeiten haben? (Nicht falsch verstehen: viele waren natürlich wirklich tot.)
    Fehler 4: "Wüstentier, braucht heiß".
    Solifugae bedeutet aber Sonnenflüchter - flieht also vor Hitze und Sonne ...
    Fehler 5: "Die Tiere wollen sich ihren eigenen Bau anlegen."
    Nix Psyche, nix wollen! Sie rennen im Terrarium wie hysterisch herum, bis sie draufkommen, daß sie keinen Unterschlupf finden, und buddeln sich dann eine Behausung. Kostet Energie und damit Lebenszeit. Gerade bei den Solifugen scheint es extrem so zu sein, daß jede physiologische Aktivität das Leben dieser Tiere verkürzt - durch Aktivität verbrennen sie also Lebenszeit! Also sollte man ihnen einen fertigen Bau anbieten.



    ... ja und so gehts dahin, ein Jahrzehnt terraristische Haltungsfehler aus Unwissenheit, obwohl viele dieser Erkenntnisse bereits von einem Ökologen/ Arachnologen gesammelt wurden (und nicht von irgendeinem, der Name Punzo ist ja bekannt). Umgekehrt schade, daß solches Fachwissen hinter einer 200€-Hürde verborgen lag - ein terraristischer Auszug wäre machbar gewesen. Ich möchte mich hier nicht über die ernsthaften und ehrenwerten Versuche vieler Arachnophiler mokieren, die Terrarienparameter dieser Tiergruppe zu erforschen ... aber wenn viele dieser Parameter bereits als Erkenntnisse in ein dickes Buch geschrieben sind, dann muß ich anmerken: guckt doch bitte über Euren Tellerrand! Da gibts bereits viele Erkenntnisse, man muß das Rad nicht immer neu erfinden.


    Natürlich ist das alles kein Garant, daß diese Tiere jetzt wirklich leicht zu halten sind. Aber es ist nur dann unmöglich, wenn man die fehlerhaften Haltungsparameter wiederholt, die bereits seit längerem in terraristischen Kreisen widerbesseres Wissen kolportiert wurden.


    Mit liebem Gruß, Stefan

  • Huhu


    Als ehemaliger Halter einer Walzenspinne, meld ich mich mal zu Wort.


    Das größte Problem bei der Haltung eben dieser in unseren Breiten ist, dass man zu 99% Wildfänge bekommt, und nicht mal genau weiß, ob es das Tier ist, wessen Name da am Bild steht.
    Folgenderweise weiß man auch nicht, wie alt das Tierchen schon ist.


    Der Großhändler hats von einem, der das Tier importiert hat, wo, naja, steht in den Papieren, die gesucht werden müssen, bei mehreren Nachfragen erhält man auch nichts wissenswertes.
    Ich hab bei meinem Tier bis in die USA gefragt, und die meisten konnten mir kein Alter nennen, vielleicht noch juvenil. Geschlecht war ebenso nicht erkennbar, vielicht 1,0, vielleicht 0,1.
    Bekannte aus der Schweiz, die mich in die USA weiterleiteten, wussten auch nicht weiter.


    Nach dem Aufpeppeln gings meiner auch recht gut, frass alle paar Tage ihr Futter genüsslich weg, zwischendurch gabs Wasser aus der Spritze, was gerne angenommen wurde.
    Und wie es dann kommen musste, wie bei allen, es stellte die Futteraufnahme ein, und verbuddelte sich.
    Als ich es dann fand, wars leider zu spät.


    Wie gesagt, hatte auch ein WF, und schwer ersichtlich, wie alt es war, und woher es kam.


    So interessant sie auch sind, und sein mögen, werde mir keine mehr holen, auch wenns teilweise in den Fingern brennt, nicht mehr juckt.



    Gruß


    Michi

  • Hallo,


    ich hatte auch eine Walzenspinne, aber auch nur ca vier Monate...


    Hatte sie in einem 30x30x30 Würfel mit einem 35W Halogenspot am Deckel, ich hatte jeden Tag Wasser von der Spritze angeboten - wurde immer angenommen - und habe einmal in der Woche zwei Heimchen gegeben, die auch immer gefressen wurden. Ebenfalls habe ich einmal in der Woche die unteren Sandschichten komplett nass gemacht und als Versteck habe ich eine Höhle unter einen flachen Stein gegraben, die auch als "Behausung" genutzt wurde. Die Spinne ist alle viertel Stunde aus der Höhle gekommen, zehn mal im Kreis gerannt und dann wieder verschwunden. Sie hat ihre Höhle ausgebaut wie eine Irre. Ich hatte den Sand ziemlich hoch und nach hinten hin ansteigend und daher hatte sie viel Möglichkeit zum Graben. Ich kann auch leider nicht sagen woran sie gestorben ist, sie lag auf dem Rücken und war verkrümmt. Ich dachte das sie sich häutet, aber dem war nicht so.


    Das war mein einziger Ausflug in die Spinnenwelt, ich denke es wird auch der letzte gewesen sein, aber man weiss nie.


    Gruß Stefan

    --- "Die liebe Frau Signatur ist leider im Moment zu Tisch, aber ich kann ihr etwas ausrichten, wenn Sie es wünschen." ---

  • Hei, danke für Eure Antworten. Leider bestätigt ihr nur, was ich im ersten Post angesprochen habe: die von Euch geschilderten Parameter sind unkorrekt (kein Vorwurf!), und sie waren es auch schon vor 10 Jahren.
    Ich bin kein Solifugae-Spezi (aber am besten Weg, einer zu werden! B:D ). Trotzdem gibt es da einiges, wovon ich nach momentaner Recherche weiß, das es nicht up-to-date ist. Man gibt kein Wasser, man füttert so selten wie gerade noch möglich, (reiner) Sand ist als Substrat ungeeignet, 35W auf 30x30x30 ist Overkill. Wie gesagt, ich gebe nur den neuesten Erkenntnisstand wieder, ohne eigene Erfahrung gemacht zu haben.


    Wenn man die Haltung von Solifugen probiert, dann sollte man UNBEDINGT die obigen Links studiert haben! Und auch das ist wohl kein Garant für eine erfolgreiche Haltung, denn leicht zu halten sind die sicher nicht ...


    @WF: Ja, das ist ein Dilemma. Und je eher die richtigen Haltungsparameter überall bekannt sind, desto eher werden Nachzuchten gelingen, und desto eher werden die WF zurückgehen. Obwohl: es gibt ja immer wieder Leute, die stolz darauf sind, den Letzten einer Art erbeutet zu haben, seufz.


    LG, Stefan


    PS.: Auf jeden Fall sind diese Tiere unglaublich krass! Sagenhaft ...

  • Hallo,


    es ist unglaublich interessant den Tieren beim Graben zu zuschauen. Die Technik dabei ist unglaublich.


    RWZ : Stand in den Texten was zur Aggressivität?


    Gruß Stefan

    --- "Die liebe Frau Signatur ist leider im Moment zu Tisch, aber ich kann ihr etwas ausrichten, wenn Sie es wünschen." ---

  • Wie du schon sagst, ein Garant für ein längeres Überleben im Terrarium sind deine Links auch nicht.


    Und ehrlich gesagt, möchte ich mir kein Tier kaufen, welches ich dann trotzdem durch Try%Error versuche, am Leben zu erhalten.
    Und da du noch keine eigenen Erfahrungen hast, kein Vorwurf, sind die Links dennoch nur Texte, die andere probiert haben.


    Durch die Haltung von einer, oder zwei Walzenspinnen, wird man auch nicht unbedingt ein Spezi, da sind andere schon weiter und lassen es dennoch mit der Haltung sein.


    Wünsche dir jedenfalls viel Erfolg, wenn die erste Solifuge bei dir einzieht...



    Gruß


    Michi

  • Und ehrlich gesagt, möchte ich mir kein Tier kaufen, welches ich dann trotzdem durch Try%Error versuche, am Leben zu erhalten.
    Und da du noch keine eigenen Erfahrungen hast, kein Vorwurf, sind die Links dennoch nur Texte, die andere probiert haben.

    Ja klar ... aber die Sache ist, irgendwer kauft das Tier sicher, und der wird mit 98%iger Wahrscheinlichkeit jene altbekannten und falschen Parameter einstellen, die überall zu lesen sind und die sicher zum Tod führen. Da hats bei mir bessere Chancen, wenn ich mich an Parametern orientiere, die woanders schon geklappt haben.


    @Links: Nein, das seh ich gar nicht so, sonst hätte ich nicht ausgerechnet diese beiden Links gepostet. Die typischen Threads gehen alle eine Seite, und am Schluß is die Solifuge tot.
    Der erste meiner Links ist jedoch der einzige von vielen, den ich gelesen hab, wo es um relativ neue Ansätze und vor allem um Erfolge geht!
    Und besonders der zweite Link ist viel mehr als nur ein Erfahrungsbericht, und viel mehr als nur ein terraristisches Büchlein von 25 Seiten ... Punzo ist wirklich ein sehr bekannter und altgedienter Wissenschaftler, und der Text ist ein knapp 300seitiges Buch nur über Solifugae (bzw. bei Google-Books ein vielseitiger Auszug) - sowohl zur Ökologie als auch zur Biologie als auch zur Haltung. Ein Buch, wie gesagt, daß es bereits all die Jahre gibt, in denen erfahrene Terraristen behaupten, es gäbe keine bekannten Fakten zu den Solifugen ...
    Und das schönste: Dieses Buch bringt einiges auf den Tisch, was die alternativen Haltungsmethoden aus Link #1 bestätigt oder erklärt oder weiterführt.


    Deswegen dieser Thread. Wenn sich jemand Solifugen anschafft, dann bitte seit Neuestem so wie in den Links beschrieben und nicht wie früher ...


    Lieber Gruß, Stefan

  • RWZ : Stand in den Texten was zur Aggressivität?

    Ja klar, haufenweise. Sie sind nicht harmlos, aber sie sind auch keine Monster, die Kamele zersägen ... unglaublich, was es für Gerüchte gibt! Da sie in der Natur darauf angewiesen sind, alles zu fressen, was sie überwältigen können, weil es vielleicht die nächsten Wochen gar nichts gibt, müssen sie alles attackieren, was sie vor die Cheliceren bekommen (daher auch das oben erwähnte "Totfüttern"). Das mutet natürlich aggressiv an, und ein Halter tut sicher gut daran, das zu berücksichtigen.


    LG!

  • Hi,


    ich weiss das nämlich von meiner, sobald da die Hand ins Terrarium kam, hat die erst gedroht und dann kam die an. Kein Rückzug, nur Angriff. Ich hatte sau Schiss vor dem Tier wenn ich ehrlich bin. Sieht aber auch böse aus mit ihrem Beißwerkzeug.


    Gruß Stefan

    --- "Die liebe Frau Signatur ist leider im Moment zu Tisch, aber ich kann ihr etwas ausrichten, wenn Sie es wünschen." ---

  • Andererseits machts unsere Grammostola rosea manchmal genauso. Da hab ich auch schon ordentlich gezuckt, wenn die plötzlich ankam ...


    Ja, die Solifugen sehen wirklich alien aus, sind mir auch gründlich unheimlich. Aber ich bin fasziniert von ihrer Physiologie bzw. von dieser "Aktivität-verbrennt-Lebenszeit"-Sache.


    LG

  • Ein kleiner Hinweis zum Thema "zu heiß": Im Bartagamenforum (dzt noch unter dem Thema "Hilfe! meine Bartagame frißt kein Grünfutter mehr") wird gerade diskutiert, ob die ebenfalls wüstenartige Gebiete bewohnenden Bartagamen i.d.R. nicht auch viel zu heiß gehalten werden - auch hier gilt leider oft das Motto "Wüstentier muß braten". Hat zwar nur indirekt mit den Solifugen zu tun, ist aber eine interessante Ergänzung zu diesem Thema.

  • Hallo


    mich würde mal interessieren, ob jetzt noch jemand eine Walzenspinne hält und wie die Haltung aussieht. Auch interessant wäre wie lange schon.


    Gruß Stefan

    --- "Die liebe Frau Signatur ist leider im Moment zu Tisch, aber ich kann ihr etwas ausrichten, wenn Sie es wünschen." ---

  • Tachschön!


    Nach langem Lesen und studieren vieler englischsprachiger Seiten, inkl. obiger Links, hab ich dann gestern auf der Börse in SFA von Thomas Vinman (hab mit ihm ebenfalls über die Haltung gesprochen) eine etwa 30mm KL große G. granti gekauft.
    Ja ich weiß, hab anderes erzählt.


    Mir haben die ganzen Threads, Angaben etc. wieder Mut gemacht, vielleicht diesmal unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnisse, mehr Erfolg zu haben.


    Diesmal hab ich ein 30er Exoterra genommen, das mit den Flügelstüren und offenem Deckel (Gaze).
    Denke mal, dass so eine Stauwärme vermieden wird.
    Da es immer noch widersprüchliche Angaben zum Bodensubstrat gibt, hab ich einen grabfähigen Sand genommen, der, wenn man ihn anfeuchtet und abtrocknet, recht fest aber dennoch grabfähig wird.


    Ebenfalls hab ich einige versch. große Unterschlüpfe in Form von Tonschalen reingestellt.
    Nach zwei Wochen Einlaufzeit, bei Lufttemperaturen am Tage von 27-29°C, und Nachts Zimmertemp, zwischen 17 und 20°C, hab ich das Tierchen heute eingesetzt.


    Es drehte zwei Runden, am Rand der Scheiben, und als es eine Schale fand, ging es gleich rein und fing auch prompt an zu buddeln.


    Soweit der Stand heute.
    Futter wird es einmal die Woche geben, kleines Heimchen, oder kleinen Mehlwurm, je nach dem was ich grad da habe.


    Fürs Buch von Punzo muss ich doch was länger sparen, mein Geldverleiher (Frau), hadert da noch etwas ob der 200€...


    Hier noch schnell ein Bild von eben, als es mal nach dem Buddeln ne Runde drehte und wieder verschwand...



    Gruß


    Michi

  • Hallo Michi,


    dann freu ich mich schon auf neue Erkenntnisse.
    Wünsche dir viel Erfolg!(Ich weiss das kann man brauchen:P)


    Gruß Stefan

    --- "Die liebe Frau Signatur ist leider im Moment zu Tisch, aber ich kann ihr etwas ausrichten, wenn Sie es wünschen." ---

  • Danke Stefan, denke, kann man immer gebrauchen.


    Werde ein Extra Thema aufmachen, damits dann hier nicht untegeht oder zu unübersichtlich des eigentl. Themas wird.